Trauernde stützen – und Tröstende auch.

Wozu brauchst du Input?

1

Wie geht es dir?

Nach dem Befinden fragen

So konkret wie möglich fragen

„Wie geht es dir?“ ist eine schwierige Frage. Das Gefühlsleben von Trauernden ist so vielfältig, dass es ihnen schwer fallen kann, aus dem Stehgreif eine komprimierte Antwort zu geben. Wenn wir aufrichtig nach dem Befinden fragen, dann interessiert uns doch meistens etwas ganz Bestimmtes. Du kannst der trauernden Person helfen, indem du möglichst genau das fragst, was dich umtreibt. Eine prägnante Frage ist für sie leichter zu beantworten.

Die Antwort als Momentaufnahme sehen

Das allgemeine Wohlbefinden und die Emotionen nach einem Verlust sind in ständiger Veränderung, je nachdem, an welcher Stelle des Trauerprozesses der trostsuchende Mensch gerade ist und welche Themen ihn beschäftigen. Eine Antwort der trauernden Person auf deine Fragen bildet immer nur den aktuellen Zustand dieses Moments ab. Sieh sie nicht als allgemeingültige Aussagen an, die dafür sprechen, wie gut die Trauer insgesamt verkraftet wird. Trauer ist natürlicherweise ein Wechselbad der Gefühle.

Geduld mit der Antwort haben

Die Frage nach dem Befinden wird in unserer Gesellschaft manchmal als reine Grußformel verwendet, bei der eine detaillierte Antwort gar nicht gewünscht erscheint. Frage Trauernde nur dann nach dem Befinden, wenn du ihnen den Raum und die Zeit geben möchtest, die Frage auch tatsächlich zu beantworten. Zeige der trauernden Person, dass du eine aufrichtige und umfangreiche Antwort wertschätzt.

Zusatzinhalte:

  • „Wie fühlst du dich, wenn du aktuell am Arbeiten bist?“
  • „Vermisst du ihn gerade sehr?“
  • „Wie fühlt es sich für dich an, an ihrem Grab zu stehen?“
  • „Empfindest du heute wieder Wut?“
  • „Was macht das Vermissen heute?“
  • „Haben sich deine Kopfschmerzen seit der letzten Woche verändert?“
  • „Wie fühlt sich dein Körper gerade an?“
  • „Hast du heute Traurigkeit empfunden?“

Elemente deiner Frage können sein…

  • Zeit (z.B. jetzt gerade, in diesem Moment, heute, seit vorgestern…)
  • Bestimmte Bestandteile des Befindens (z.B. körperlich, mental, Wut, Kopfschmerzen…)
  • Bezug auf einen Ort (z.B. beim Sport, auf der Arbeit, vor dem Grab…)
  • Bezug auf eine Situation (z.B. wenn du alleine bist, wenn du unter Menschen bist, wenn es laut ist…)
  • Bezug auf eine Aussage (z.B. „Empfindest du das heute auch so, wie du gestern sagtest?“)

Halte gemeinsam mit der trauernden Person inne oder schaffe ihr Raum dafür.

 

Nutze die Metapher des Wetterberichts, um auf bildliche Art und Weise ein Stimmungsbild malen zu lassen:

Ist es warm oder kalt? Strahlt die Sonne, ziehen Wolken auf oder regnet es? Ist es windig? Lädt das Wetter zum Einigeln oder zu Aktivität ein?

 

Diese Methode zeigt die Stimmung ohne Gefühlsworte benutzen zu müssen. Sie regelmäßig zu machen ermöglicht es auch, Wetterveränderungen über die Zeit wahrzunehmen.

Das kann dir helfen, feine Unterschiede in deinen Stimmungen wahrzunehmen und vielleicht auch Dinge anzusprechen, bevor sie in einem Streit enden.

„Als ich sagte, dass es mir ganz okay ginge, kam sofort die Nachfrage zurück: „Und wirklich?“ Ich habe mich gefühlt, als hätte jemand in mein Herz geblickt und MICH gesehen und nicht nur das, was ich präsentiere. Es hat mir das Gefühl gegeben, dass ich wichtig bin, mit all meinen Gedanken und Gefühlen. Es hat mir geholfen, meine Gefühle zulassen zu können.“

– Christina, 33 Jahre

2

Ich höre dir zu.

Mit aktivem Zuhören der Trauer Raum geben

Gehörtes in eigenen Worten wiedergeben

Um ein tiefes Verständnis für den trauernden Menschen aufzubauen, ist es essenziell, zu begreifen, wie es ihm tatsächlich geht. Fasse dafür gelegentlich zusammen, was du verstanden hast und stelle eine vergewissernde Rückfrage dazu. So kannst du sichergehen, dass du keine eigene Interpretationen zu seinem Befinden dazudichtest, die nicht der Wahrheit entsprechen. Obendrauf symbolisierst du mit jeder Reaktion und Nachfrage, dass der trostsuchende Mensch dir wichtig ist.

Ohne Ablenkung zuhören

Sich für das intensive Zuhören zu entscheiden, bedeutet auch, sich für den Moment gegen alles andere zu entscheiden. Schalte störende Geräte ab oder stumm, sorge für eine ruhige Umgebung und schenke der trostsuchenden Person deine volle Aufmerksamkeit. Wenn du weißt, dass dies nur eine bestimmte Zeitspanne lang möglich ist, weil deine eigenen Kapazitäten begrenzt sind, dann teile dies transparent mit. So kann die trauerne Person selbst entscheiden, ob sie sich in dem verfügbaren Rahmen öffnen möchte.

Die Emotionen gemeinsam begreifen

Ein Teil des Verarbeitungsprozesses von Trauer ist es, die eigenen Emotionen zu begreifen. Dabei helfen Sprache und das Finden von passenden Begriffen. Besonders gut gelingen kann das im Gespräch mit einer weiteren Person. Gemeinsam könnt ihr möglichst passsende Worte für die Emotionen der trauernden Person finden. Das ermöglicht ihr, das eigene Befinden differenziert zu betrachten, von anderen Gefühlen abzugrenzen und damit immer besser zu verstehen, was sie eigentlich fühlt.

Zusatzinhalte:

  • „Du meinst also, dass […]“
  • „Verstehe ich es richtig, dass […]?“
  • „Wenn du […] sagst, bezieht sich das auch auf […]?“
  • „[…] ist für dich also so, wie […]?“
  • „In solchen Situationen fühlst du dich also […]?“

„Magst du mir von ihr erzählen?“ fragte mich ein Freund, nachdem meine beste Freundin tragisch gestorben war. Und ich erzählte, weinte, lachte, wütete, trauerte und bei jeder Anekdote durfte ich mich endlich authentisch zeigen. Mit der ganzen Palette an Gefühlen, die meine Trauer mit sich trug.“

– Ricarda, F. und Nicky

3

Ich helfe dir.

Aktiv machende Unterstützung

Hilfsangebote konkret formulieren

Beschreibe möglichst konkret, was du für den trauernden Menschen tun möchtest und kannst. Dies erleichtert ihm die Entscheidungsfindung und benötigt anschließend weniger Ab- und Rücksprachen. Jeder zusätzliche Kommunikationsweg ist für den trauernden Menschen sehr kräftezehrend. Unterstützen kannst du bei Erledigungen, der alltäglichen Versorgung oder auch mit beruhigender Ablenkung. Beim Formulieren deines Angebots helfen dir die W-Fragen: Was, wann, wie und wo kannst du etwas tun?

Proaktiv und regelmässig etwas anbieten

Das klassische „Meld’ dich, wenn du was brauchst“ funktioniert leider nur bedingt. Es schiebt die volle Verantwortung zum Entstehen von Hilfe zu der trauernden Person, die emotional mit der Verarbeitung des Verlusts ausgelastet ist. Biete Unterstützung auch an, bevor sie offensichtlich benötigt wird und auch länger, als du denkst, dass sie nötig ist. Die Hilfsbedürftigkeit des trauernden Menschen wird sich im Laufe der Trauer stetig ändern. Es ist immer ein guter Zeitpunkt, um Hilfe anzubieten.

Ablehnung nicht persönlich nehmen

Es gibt viele Gründe, warum ein trauernder Mensch keine Hilfe annehmen möchte. Vielleicht will er etwas einfach lieber selber machen. Es kann auch falscher Stolz dahinter stecken, die Angst, eine Belastung zu sein oder Scham. Die Ablehnung einer Hilfe hat sehr sicher nichts mit dir zu tun. Ein „Nein“ ist keine generelle Ablehnung von Hilfe, sondern nur eine Momentaufnahme. Du kannst anbieten, zu einem anderen Zeitpunkt erneut zu fragen.

Zusatzinhalte:

Versorgung:

  • Essen kochen
  • Vorbereitetes Essen vorbeibringen, das z.B. portioniert einfrierbar ist
  • Fahrdienste
  • Besorgungen erledigen
  • Haustiere füttern / Gassi gehen

Organisation:

  • Tages- oder Wochenplanung
  • Absprachen halten
  • Termine abmachen
  • Telefonate übernehmen
  • Benötigte Informationen einholen

Regelmäßig anfallende Aufgaben im Haushalt:

  • Mülltonnen rausstellen
  • Pflanzen gießen
  • Rasen mähen
  • Abspülen

Ablenkung und Ausflüge:

  • Tagesausflug an einen ruhigen Ort
  • Unternehmung, die der trauernden Person sonst auch gefällt
  • Etwas essen oder trinken gehen

Noch mehr Ideen gibt es in diesem Blogartikel.

  • „Wir halten das gemeinsam aus. Ihr müsst das nicht alles alleine packen. Wenn wir die Kinder freitagsnachmittags zum Sport fahren, können wir eure Kinder auch mitnehmen, wenn ihr mögt. Das ist für uns gut machbar und dann habt ihr etwas mehr Zeit für euch. Was haltet ihr davon?“
  • „Am Samstagabend um 7 kann ich einkaufen, vorbeikommen und für uns beide etwas Schönes kochen. Würde dir das gefallen?“
  • „Du hast vermutlich gerade keinen Kopf dafür die Vereinsarbeit weiter zu übernehmen. Ich kann das die nächsten vier Wochen für dich tun und kann die Unterlagen dafür am Mittwoch um 10 abholen. Passt dir das?“
  • „Euer Rasenstück können wir gerne am Wochenende jeweils mitmähen, wenn ihr mögt. Dann könnt ihr euch mehr Zeit für euch nehmen. Klingt das gut?“

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„Ein sehr guter Familienfreund hat alle Termine von uns
gesammelt: Ob Arzt, Einkaufen gehen, Prüfungen, Arbeitszeiten oder sonst irgendwas. Das Ganze hat er in einen Kalender eingetragen, hat geprüft, ob sich etwas überschneidet und uns die ersten Wochen und Monate sogar immer, wenn er konnte, mit dem Auto zu den Terminen gefahren.

 

– Paula, 26 Jahre

4

Ich bin da.

Präsenz und Beistand ohne Worte

Mit Körperberührungen beistehen

Neben Worten können auch Berührungen Anteilnahme ausdrücken. Sie können stützen, halten oder wärmen. Das kann eine zarte Berührung auf der Schulter sein, eine herzliche Umarmung oder eine aufgelegte Hand. Achte darauf, dass deine körperlichen Gesten unterstützen und keinesfalls einschränken. Die trauernde Person sollte sich jederzeit ohne Einsatz von Worten frei entscheiden können, sich aus der Berührung zu lösen.

Mit kleinen Gesten da sein

Wenn du den trauernden Menschen persönlich kennst, fällt dir vielleicht etwas ein, dass ihm generell gut tut und ihn aufheitert, wenn es ihm nicht gut geht. Unterstützung kann in Form kleiner Gesten ebenfalls entlasten und zeigen, dass der trauernde Mensch dir wichtig ist. So kannst du für ihn etwas erledigen, dass sowieso gemacht werden muss und ihm damit ein Stückchen Arbeit abnehmen. Ebenso kannst du kleine Geschenke machen, wie z.B. jemandem ein Getränk mitzubringen.

Sich verfügbar zeigen

Schweigen und ruhige Momente miteinander und beieinander können Trauernde beruhigen. Sie spüren so, dass jemand für sie da ist. Sie müssen nicht alleine sein, auch, wenn sie lieber nicht reden möchten. Das ist auch eine gute Möglichkeit des Beistands, wenn du selbst kein Mensch der großen Worte bist. Auch das pure „Da-Sein“ ist eine aktive Unterstützung, ob vor Ort oder durch eine kurze Nachricht, die zeigt, dass du an die trauernde Person denkst.

Zusatzinhalte:

  • Einen Kaffee / einen Tee kochen und vorbeibringen
  • Für jemanden etwas aufräumen
  • Blumen auf den Arbeitsplatz oder Esstissch stellen
  • Lob aussprechen
  • Jemandem sagen, dass man ihn gern hat
  • Etwas Ungeliebtes abnehmen
  • Kleine Massage
  • An einem festen Tag zu einer festen Uhrzeit in der Woche anrufen, z.B. donnerstags nach dem Abendessen
  • Der trauernden Person Essen bestellen und anschließend gemeinsam am Telefon oder per Videochat essen
  • Ein Care-Paket senden (z.B. mit Produkten zur erleichterten Selbstversorgung, Körperpflege oder zur Ablenkung)
  • Online Spiele miteinander spielen (z.B. Scrabble)
  • Gemeinsam einen Film streamen
  • Kleine Nachrichten schreiben, wie zum Beispiel „Ich denke an dich.“

„Nach der Beerdigung meines Opapas wollte ich nicht alleine in meinem WG-Zimmer sitzen, wollte aber auch kein Gespräch. Meine Freundin hat das gespürt und wir haben zusammen schweigend aus dem Wohnzimmer-Fenster geschaut und sie hat meine Hand gehalten. Daran erinnere ich mich oft.“

 

– Clara, 38 Jahre

5

Was brauchst du?

Bedürfnisse erfragen und kommunizieren

Möglichkeiten abtasten und erkennen

Zu wissen, was der trauernde Mensch gerade braucht, kann dir bei der Einschätzung deiner Möglichkeiten helfen. Es gibt dir Sicherheit im Umgang mit der trauernden Person und verringert die Chance, etwas zu tun, dass für sie nicht hilfreich oder gar kontraproduktiv ist. Wenn du Interesse an den Bedürfnissen der trauernden Person zeigst, ermutigt sie das, auch in Zukunft von sich aus Bedürfnisse zu kommunizieren.

Möglichst konkret fragen

Es kann für Trauernde schwierig sein, eine offen-gestellte Frage, wie „Was brauchst du?“ zu beantworten. Trauer kann Menschen emotional und kognitiv überfordern, sodass es besonders schwierig ist, eigene Bedürfnisse zu erkennen. Es ist also hilfreich, wenn du möglichst spezifische Frage stellst oder zwei Auswahlmöglichkeiten anbietest, die ein Spektrum abbilden. Das ermutigt die trauernde Person dazu, über eigene Bedürfnisse nachzudenken, in sich zu horchen und mitzuteilen, was sie gerade denkt.

Symbole für die Kommunikation absprechen

Wenn du und der trauernde Mensch euch im Alltag regelmäßig begegnet oder euch nahe steht, könnt ihr auch schnelle, unkomplizierte Codes miteinander absprechen, um wiederkehrende Bedürfnisse mitzuteilen. Das kann ein Handzeichen sein, ein Chat-Emoji oder auch ein Codewort, um ein spezielles Bedürfnis auszusprechen. Das erspart der trauernden Person, sich ausführlich erklären zu müssen und ermöglicht dir, zügig auf ihr Bedürfnis reagieren zu können.

Zusatzinhalte:

  • „Möchtest du gerade alleine sein oder soll ich bei dir bleiben?“
  • „Es ist etwas laut hier vorne. Sollen wir lieber einen anderen Weg nehmen?“
  • „Magst du mir etwas von ihr erzählen?“
  • „Möchtest du ein Glas Wasser trinken?“
  • „Hast du Lust etwas draußen an der frischen Luft zu machen oder fühlst du dich Zuhause gerade wohler?“

„Was fehlt euch gerade am meisten?“
Eine simple Frage, auf die wir ehrlich geantwortet haben:
„Es klingt vielleicht doof, aber was Warmes zum Essen.
Die Kraft zum Kochen fehlt.“ Keine 2 Stunden später stand ein riesen Topf Kartoffelsuppe vor der Tür, der uns allen ein wenig dringend benötigte innere Wärme geschenkt hat.

 

– Paula, 26 Jahre

6

Du gibst den Takt an.

Trauernden eine kompetente Selbsteinschätzung zutrauen

Die eigene Meinung zurückstellen

Wir sind schnell darin, Situationen von außen zu betrachten, einzuschätzen und zu bewerten. So versuchen wir einzuordnen und zu verstehen, was eigentlich passiert. Das kann dazu führen, dass du als beistehende Person verfrüht nach Lösungen suchst und diese anbringst, wenn die trauernde Person noch damit beschäftigt sind, den Verlust für sich selbst zu begreifen und ihre Gefühle zu verstehen. Versuche mit deiner Aufmerksamkeit in der Gegenwart und bei deinem Gegenüber zu bleiben.

Dich selbst als Begleitung begreifen

Auch, wenn Unvorhergesehenes passiert ist, behält die trauernde Person die Führung ihres Lebens. Du bist eine Begleitung auf dieser Reise und einem schweren Abschnitt. Wenn du helfen magst, so tue dies unterstützend und nicht leitend. Halte Rücksprache und frage die trauerne Person konkret, ob ihr deine Unterstützung tatsächlich hilft. So kannst du verhindern, dass du viel Energie in eine Hilfe steckst, die nicht zur trauernden Person passt oder bekommst eine Bestätigung für deine eigene Wirksamkeit.

Die Aussagen der Trauernden ernst nehmen

Es kann passieren, dass dich eine Situation berührt, weil sie dich an eigenes Erlebtes erinnert. Deine Erinnerung darf jedoch nicht zur Ausgangslage deiner Betrachtung werden. Die trauernde Person ist ein eigener, ganz anderer Mensch. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ihr unterschiedlich auf Situationen reagiert und unterschiedlich fühlt. Konzentriere dich auf das Empfinden der trauernden Person, anstatt auf das konkret Geschehene. Das schützt dich vor ausschweifendem Phantasieren.

Zusatzinhalte:

  • „Hilft es dir, wenn ich […]?“
  • „Das letzte Mal habe ich dir in einer ähnlichen Situation […]. Hat dir das gut getan?“
  • „Nützt es dir etwas, wenn ich für dich […] oder brauchst du meine Unterstützung eher bei […]?“
  • „Weißt du noch, als ich […] gemacht habe? Würde dir das jetzt auch gut tun?“
  • „Tröstet es dich, wenn wir […]?“
  • „Fühlst du dich wohl, wenn […]?“

„Ich hatte gar keine
Orientierung, als ich meinen Freund besuchen fuhr. Meine
Gedanken kreisten. Ich wusste gar nicht wohin mit mir.
Er hatte mir für den Besuch eine Wochenübersicht auf Papier vorbereitet, auf der alle festen Termine eingetragen waren. Um die freie Zeit zu füllen, gab es am oberen Rand Vorschläge und Ideen, aus denen ich aussuchen konnte. Das beruhigte mich enorm und nahm mir viele Entscheidungen ab.“

 

– Marie, 29 Jahre

7

Du bist du.

Den Menschen hinter der Trauer sehen

Den Menschen ganzheitlich sehen

Bei sehr präsenter Trauer fällt es sowohl den Zugehörigen, als auch der trauernden Person selbst schwer, hinter die Trauer zu blicken. Sie kann alles überschatten. Dabei steckt dahinter im Kern der gleiche Mensch, wie auch vor dem Verlust. Vergegenwärtige dir von Zeit zu Zeit, wer die trauernde Person eigentlich ist und was sie ausmacht. So kannst du wertschätzend mit ihr und ihrer Erfahrung umgehen und bist weniger dazu geneigt, sie auf ihre Trauer zu reduzieren.

Eure Verbundenheit betrachten

Die trauernde Person wird nach dem Verlust keinen grundsätzlich anderen Geschmack haben, was Essensvorlieben, Humor oder Hobbies angeht. Du darfst im Umgang weiterhin ihre Kosenamen sagen und eure gängigen Sprüche oder Gesten benutzen. Es kann für Trauernde sogar erleichternd sein, alltäglich bekannte Situationen zu erleben oder Gewohnheiten nachzugehen. Dies ermöglicht ihnen, auch noch Anderes als die Trauer wahrzunehmen und sich selbst in einen anderen Kontext zu setzen.

Trauernden mehrere Rollen zugestehen

Neben Trauernden sind Betroffene auch weiterhin Freund:innen, Kolleg:innen oder Familienmitglieder und haben rollenspezifische Bedürfnisse, Gefühle und Aufgaben. Gestehe ihnen zu, dass sie mehrere Seiten an sich haben, die unter Umständen gerade miteinander in Konflikt stehen oder gegensätzlich wirken. Die trauernde Person kann sich wegen des Verlusts furchtbar fühlen, aber ebenso fröhlich über eine glückliche Fügung sein. Akzeptiere die Gleichzeitigkeit der Dinge.

Zusatzinhalte:

Sammelt gemeinsam Dinge, die die Trauernde Person ausmachen. Das kann in Form einer Collage aus Bildern und Texten sein oder auch eine Playlist oder kreativ geführte Wortliste. So kann sie sich laufende selbst daran erinnern, dass sie auch noch andere Dinge (als nur die Trauer) auszeichnen und auch Menschen ihres Umfelds dies wahrnehmen.

„Als ich zu einem Besuch bei meiner Cousine ankam, strahlte sie mich an und begrüßte mich mit einer warmherzigen Umarmung. Sie sagte zu mir: „Wie schön, dich zu sehen.“

Ich fühlte mich als Mensch gesehen und nicht nur als meine Trauer. Sie erlaubte mir, ich selbst zu sein und machte möglich, dass ich mich dadurch auch mehr selbst sehen konnte. Das tat so gut.“

 

– Franziska

8

Du darfst trauern.

Erfahrungen zulassen und validieren

Gefühlen Raum geben

Trauernde können das Gefühl haben, eine Last zu sein und die Atmosphäre um sie herum zu betrüben. Das macht sich zum Beispiel darin bemerkbar, dass viele Menschen sich ersteinmal entschuldigen, wenn sie weinen müssen. Zeige der trauernden Person, dass du diese Gefühle mit ihr aushalten kannst, indem du Raum für ihre Gefühle gibst, sie sprechen lässt und ihre Emotionen nicht bewertest. Das ermutigt sie, Emotionen rauszulassen, statt einzubehalten. Das ist ein wichtiger Schritt in der Trauer-Verarbeitung.

Sagen, wie es ist

Wenn du Verständnis für die Gefühle, Verzweifelung oder Abgeschlagenheit der trauernden Person hast, bringe es zum Ausdruck. Trauernde sind oft so sehr in ihrer eigenen Welt, dass sie gar nicht einschätzen können, ob ihre Reaktion gerechtfertigt ist. Manche werden in ihrer Trauer bewertet, sodass sie das Gefühl haben, unzulänglich zu sein oder gar falsch zu trauern. Es kann der trauernden Person sehr gut tun, zu hören, dass du sie verstehst und die Situation wirklich furchtbar ist.

Eine Einladung zum Trauern aussprechen

Sprich eine proaktive Einladung gegenüber der trauernden Person aus, dass sie dir gegenüber Gefühle zeigen darf. Tue dies jedoch nur, wenn es auch der Wahrheit entspricht. Versichere ihr, dass jede Träne und jedes Lachen in deinem Zuhause willkommen ist und, dass du ihre Emotionen nicht bewerten wirst. Das kannst du auch symbolisch zeigen, z.B. durch eine Packung Taschentücher auf dem Tisch.

Zusatzinhalte:

  • Anteilnahme am Leid anderer
  • Ende oder Veränderung einer Freundschaft
  • Corona Pandemie
  • Familiäre Zerwürfnisse
  • Jemand anderes betreffende (psychische oder physische)
  • Jobverlust oder -aufgabe, Arbeitslosigkeit
  • Erkrankung oder Einschränkung
  • Erleben von Gewaltsituationen (körperliche, emotionale)
  • Lebenszeit (Altern, Veränderung der eigenen Persönlichkeit, Abschied von einer Lebensphase)
  • Katastrophen, Kriege, Vertreibung
  • Machtlosigkeit (z.B. in Bezug auf Politik, Umwelt oder Strukturen)
  • Materieller Verlust (durch Schaden, Verlieren, Naturgewalt, Diebstahl, Zwang zum Verkauf)
  • Niederlagen und Ablehnung
  • Räumlicher Distanz in zwischenmenschlichen Beziehungen (z.B. Fernbeziehung, Fernfreundschaft, Bezugspersonen im Ausland…)
  • Scheidung / Trennung
  • Streit und Konflikte
  • Sich selbst betreffende (psychische oder physische) Erkrankung oder Einschränkung
  • Tod eines (öffentlich) bekannten Menschen (z.B. Schauspieler:innen, Sportler:innen, Bekannte…)
  • Tod eines nahestehenden Menschen (auch Versterben eines Kindes vor, während oder kurz nach der Geburt)
  • Tod von Tieren (z.B. Haustiere)
  • Ungerechtigkeit (z.B. Mobbing, Benachteiligung…)
  • Verlust des Zuhauses, Verlassen der Heimat, Umzug
  • Weltschmerz (eigene Unzulänglichkeit empfinden, die zugleich als Teil der Unzulänglichkeit der Welt gefühlt werden)
  • „Das, was dir da gerade passiert, ist wirklich furchtbar.“
  • „Ich verstehe, wenn dir aufgrund der Situation wirklich nicht der Sinn nach großen Feierlichkeiten steht.“
  • „Wir haben vollstes Verständnis dafür, wenn du gerade keinen Kopf zum Arbeiten hast.“

Achtung vor einer Fortsetzung mit dem Wort „aber“: Dies hebt unter Umständen die Wirkung des Satzes direkt wieder auf.

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„Meine Freundin kam zu mir und sagte „Ich werde nicht
diese blöden Fragen stellen, denn die habe ich selbst am meisten gehasst. Ich weiß, dir geht es scheiße.“ Das fand ich super.“

 

– Eileen, 36 Jahre

9

Magst du etwas machen?

Gemeinsame Aktivitäten gestalten

Trauernde weiter einladen

Trauernde verlieren nach einem Verlust nicht ihre Interessen und Freizeitbedürfnisse. Es kann jedoch sein, dass Aktivitäten in der Öffentlichkeit oder in Gruppen sehr kräftezehrend für sie sind. Lade die trauernde Person, wie sonst auch, zu Aktitiväten und Verabredungen ein. Das zeigt ihr, dass du an sie denkst und sie als trauernden Menschen nicht ausgrenzt. Du kannst die trauernde Person auch fragen, was sie benötigt, um sich in einer Runde gerade wohlzufühlen.

Eine Absage nicht persönlich nehmen

Unter Umständen hat die trauernde Person gerade keine Kraft, um sich mit deiner Einladung oder Frage zu befassen. Die meisten freuen sich über Einladungen, auch wenn sie nicht kommen können oder es nicht schaffen, überhaupt antworten. Das zeigt ihnen, das weiter an sie gedacht wird. Beachte, dass die trauernde Person selbst nach zehn Absagen einmal zusagen könnte. Dann wirst du froh sein, weiter gefragt und den Kontakt aufrechterhalten zu haben.

Spontanität zulassen und ermöglichen

Wie es einem in Trauer in drei Wochen gehen wird, ist für Trauernde unmöglich einzuschätzen. Du kannst die trauernde Person von festen Zusagen zu Feierlichkeiten befreien, indem du dazu einlädst, auch spontan dazu zu kommen oder auch wieder gehen zu können, falls sie sich nicht wohlfühlen sollte. Das vermittelt ihr, dass ihr Wohlbefinden vorgeht und sie auf sich Acht geben darf.

Zusatzinhalte:

  • „Hallo, wir wollen am Sonntag wieder […]. Magst du auch dabei sein?“
  • „Ich weiß, größere Menschenmengen sind gerade sehr anstrengend für dich. Dennoch möchten wir dich gerne zu unserer Geburtstagsfeier einladen. Es ist vollkommen okay, wenn du nicht kommen möchtest. Das ist deine Entscheidung. Wir möchten nur, dass du weißt, dass du jederzeit willkommen bist. Wir haben dich lieb.“
  • „Für den 30. Juni haben wir ja die Kanutour geplant. Ist das etwas, das du gerade gerne machen möchtest?
    Wir können sie gerne noch einmal verschieben, wenn du dich nicht danach fühlst.“
  • „[…] Du musst mir nicht fest zu- oder absagen. Entscheide gerne ganz spontan am Tag selbst, wie du dich fühlst und wonach dir der Sinn steht.“

„Eine unerwartete Diagnose hatte mich in die Depression geworfen. Meine Mitbewohnerin wusste das und hat mich sehr unterstützt. Stets war ich gern gesehen in der Küche, wenn sie Gäste hatte. So konnte ich Schritt für Schritt meine Belastungs- Fähigkeit testen und mich jederzeit zurückziehen.“

 

– Clara, 38 Jahre

10

Trauer ist ein Teil von dir.

Trauer als unsichtbare Begleitung annehmen

Wichtige Daten im Kalender markieren

Schnell ist vergessen, dass überwiegend fröhliche Anlässe für Trauernde eine besondere Herausforderung darstellen können. Wenn der trauernden Person jemand oder etwas Wichtiges bei diesen Anlässen fehlt, kann der Verlustschmerz sehr präsent sein, egal, wie freudig der Anlass ist. Habe an Geburtstagen, dem Feiern von Meilensteinen oder Weihnachten ein besonderes Auge auf die trauernde Person und ihr Befinden. Zeige, dass du daran denkst, dass diese Tage für sie mehrere Seiten haben.

Sich Trauer in Wellen vorstellen

Jeder Mensch trauert unterschiedlich. Das gilt auch für die Zeit und Intensität der Emotionen. Es kann Zeiten geben, die ruhig und stabil sind. Wieder andere Tage sind besonders schwierig und von starken Emotionen begleitet. Manchmal braucht es nur einen Auslöser, um die Trauer wieder hochzuholen. Stelle dir Trauer in Form von Wellen vor. Nur, weil es der trauernden Person zwei Wochen lang stabil gut ging, heißt das nicht, dass die Trauer nun vorrüber ist.

Eine Einladung zum Gedenken aussprechen

Die meisten Verluste sind für die Ewigkeit. Neben dem Schmerz existieren oft auch schöne Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Am Leben gehalten werden sie durch das Erzählen von Geschichten und durch Gedenken. Lade die trauernde Person dazu ein, Erinnerungen zu teilen oder gemeinsam einen Ort aufzusuchen, den sie mit den Geschichten verbindet oder der durch seine besondere Atmosphäre zum Gedenken einlädt.

Zusatzinhalte:

 

 

  • „Möchtest du mir von ihm erzählen?“
  • „Deine Oma hat auch immer so leckere Dinge gebacken. Weißt du noch, dieser Kuchen zum Sommerfest?“
  • „Wollen wir zu seinem Geburtstag gemeinsam ans Grab fahren und Blumen niederlegen?“
  • „Am nächsten Wochenende ist wieder […]. Ich weiß, dass ihr früher so gerne zusammen dort hingefahren seid. Wollen wir zusammen hin?“
  • „Was hältst du davon, wenn wir heute spontan nach […] fahren, um zu gedenken, zu feiern und uns Geschichten von XY zu erzählen?“
  • Geburtstage verstorbener Menschen oder Tiere
  • Familienfeste
  • Reisen, die man sonst zusammen gemacht hat
  • Jubiläen
  • Hochzeitstage
  • Weihnachten, Ostern […]
  • Todestage
  • Errungenschaften, die man gerne mitteilen würde, aber nicht mehr kann
  • Situationen, die stark an eine verstorbene Person oder die Trauer erinnern

„Kurz vor dem ersten Geburtstag unseres Sternenkindes überrollte mich die Trauer förmlich. Meine Freundin schaffte es, die
richtigen Worte zu finden und gleichzeitig mir zu zeigen, dass ich mir erlauben darf, seinen
Gebürtstag voller Freude zu feiern.“

 

– Philine Klingel

Ein Projekt von Trauergestalt

Von der Studienabschluss-Arbeit bis zum fertigen Projekt

Ab März 2024 auch als DIY-Bastelbogen erhältlich

Fragen oder Anregungen zum Projekt?

Kontakt:

Trauergestalt

Marie Pischel

hallo@trauergestalt.de

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